[jW] Ein Fall für den Sektenbeauftragten

Die junge Welt berichtet in ihrer Ausgabe vom 8. August 2015 zu einem geplanten Aufmarsch „Marsch für das Leben“ von „christlich“-fundamentalistischen  Gruppierungen am 19. September 2015 in Berlin …

Christlich-fundamentalistische Organisationen wollen gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frau mobilmachen. Frauenverbände, Linke und schwul-lesbische Gruppen rufen zum Protest (http://ww.sexuelle-selbstbestimmung.de) auf

Am 19. September droht den Berlinern ein unheimlicher Aufmarsch. So wollen dann, bereits zum elften Mal, christliche Fundamentalisten, Ewiggestrige und auch extreme Rechte zu einem sogenannten »Marsch für das Leben« in Berlin zusammenkommen. Unter dem Motto »gemeinsam für das Leben. Immer« wollen die Reaktionäre für ein »Europa ohne Abtreibung und Euthanasie« aufmarschieren und verwenden damit für ihre weltfremde Propaganda ausgerechnet einen Begriff, der an den systematischen Massenmord der deutschen Faschisten an psychisch Erkrankten und Behinderten erinnert.

Unterstützt wird der Aufmarsch von verschiedenen Gliederungen der CDU, der »Partei Bibeltreuer Christen« und verschiedenen evangelikalen und anderen christlich-fundamentalistischen Gruppen, die bezüglich der Religion nicht selten ein Spektrum vertreten, das dafür wirbt, die Bibel wörtlich zu nehmen.

Zwar könnte man geneigt sein, den neuerlichen Aufzug der Weltfremden mit Ignoranz zu strafen. Doch dies könnte sich rächen, ist doch in den vergangenen Jahren vor allem in Sachen Gleichstellungspolitik und Frauenrechte ein deutliches gesellschaftliches Rollback zu beobachten. So gelang es in der jüngsten Vergangenheit verschiedenen christlich-reaktionären Organisationen in trauter Eintracht mit der sozialchauvinistischen AfD, selbsternannten »Besorgten Eltern«, der Rechtsaußenpostille Junge Freiheit und mancherorts auch mit Unterstützung neofaschistischer Parteien, Front gegen gleiche Rechte für Schwule, Lesben und Transsexuelle sowie gegen das Recht auf Abtreibung zu machen.

In einem Schreiben, das vom »Bundesverband Lebensrecht e. V.« dieser Tage offenbar an alle Bundestagsabgeordneten verschickt worden ist, finden die Organisatoren deutliche Worte, um für ihre Ansichten zu werben. So behaupten sie etwa, dass »jährlich 100.000 Kinder vor der Geburt als ›lebensunwert‹ getötet« würden. »In Bezug auf die Beihilfe zur Selbsttötung« fordert der Verband die Bundestagsabgeordneten in dem jW vorliegenden Schreiben außerdem auf, »sich nicht von wohlklingenden Argumenten wie angeblich nur wenigen ›Einzelfällen‹, einem ›Akt der Nächstenliebe‹, unbegrenzter ›Autonomie‹ und ›individueller Gewissensentscheidung‹ für Ärzte und Angehörige ablenken« zu lassen und zudem »das Töten Unschuldiger vor unserer Haustür zu stoppen«.

Gegen die Phantastereien der Ewiggestrigen, die wohl eher ein Fall für einen Sektenbeauftragten und weniger für Bundestagsabgeordnete sein dürften, mobilisieren verschiedene feministische und schwul-lesbische Organisationen, sowie linke Gruppen und Parteien. Die Teilnehmer des Marsches »vertreten ein rückständiges Weltbild, in dem der Schwangerschaftsabbruch als eine ›vorgeburtliche Kindestötung‹ dargestellt wird. Sie sprechen von ›Babycaust‹ und relativieren so den nationalsozialistischen Holocaust«, kritisiert etwa das »Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung« in seinem diesjährigen Aufruf zu emanzipatorischen Protesten. Sie werfen den christlichen Fundamentalisten außerdem vor, dass »ihr Begriff des ›Lebensschutzes‹« die »totale Kontrolle über Frauen« beinhalte.

Für eine geschlechter- und kultursensible Sexualaufklärung, Informationen und den Zugang zu Verhütungsmitteln sowie die kostenfreie Vergabe der »Pille danach«, den uneingeschränkten Zugang zum legalen Schwangerschaftsabbruch und die Streichung des §218 aus dem Strafgesetzbuch will das Bündnis am 19. September werben und mobilisiert für diesen Tag zu einem Aktionstag am Brandenburger Tor. Der »Marsch für das Leben« beginnt hingegen in unmittelbarer Nähe ab 13 Uhr vor dem Bundeskanzleramt.

Quelle: https://www.jungewelt.de/2015/08-08/057.php

Informationen auch auf www.sexuelle-selbstbestimmung.de

 

 

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