August 2014
Welche Assoziationen verbinden wir mit Gold?
Als erstes denken wir an Schätze, Schmuck, Goldbarren, weniger an technische Anwendungen in Medizin und IT.
Was wissen wir eigentlich über Goldgewinnung?
Mir persönlich fallen in diesem Zusammenhang als erstes die Goldgräbergeschichten von Jack London ein, dann noch Krimis, wo es um Goldraub aus Banken geht.
Eigentümlich unbekannt ist, wie in der heutigen Zeit Gold gewonnen wird, welche Umweltzerstörungen und Risiken dafür in Kauf genommen werden.
In unseren Breiten kennen wir den Braunkohleabbau, wissen noch Einiges über Erdölförderung, aber Gold?
Heute wird das goldhaltige Erz wird staubfein zermahlen, dann mit Natriumcyanidlösung unter freiem Luftzutritt versetzt. Hierbei bildet sich ein Goldcyanidkomplex, aus dem das Gold mit Hilfe von Zinkstaub ausgefällt wird. Nach Waschen, Trocknen und Aufreinigung erhält man Gold mit einer Reinheit von bis zu 99,9%.
Es bleiben riesige Schutthalden und cyanidhaltige Abwässer zurück. Cyanide blockieren die Atmung von Lebewesen, was bekanntermaßen zum Tode führt.
Die Lärm- und Staubemissionen bei der Gesteinzerkleinerung verursachen weitere Schäden, wie Atemwegserkrankungen, Krebs – was aber erst später auftritt.
Durch einen persönlichen Kontakt zu einem Dokumentarfilmteam, was an einer Dokumentation über Goldabbau in Halkidiki arbeitet, kam ich mit dem Thema in Berührung. Im Sommer hatte ich Gelegenheit, Halikidki zu besuchen und mit einigen Leuten der dortigen Widerstandsbewegung zu sprechen.
Fährt man die Gebirgsstraße entlang über Olympiada, Ierissos nach NeaRoda, sieht man eine großartige Berglandschaft, malerische Küstenorte und viele Touristen in den Orten. Vom Goldabbau ist, oberflächlich betrachtet, noch nicht viel zu sehen. In Stratoni, einem Ort an der Küste, der zu einem großen Umschlaghafen ausgebaut werden soll, kann man sehen, das niemand dort badet, es auch keinen Fischfang gibt.
In Ierissos fallen einem überall große Transparente und kleine Fähnchen auf, die Losung „SOS-Halkidiki“ ist überall präsent. Man trifft viele Menschen, die T-Shirts mit dieser Losung tragen.
So auch unsere Gesprächspartner Iannis und Avgi.
Sie waren froh, das es Leute außerhalb Griechenlands gibt, die über die Situation in Halkidiki informiert sind und dem nicht gleichgültig gegenüber stehen.
Sie brachten zum Ausdruck, dass es eine große Hilfe ist, die Geschehnisse rund um Halkidiki zu veröffentlichen, da die Widerstandsbewegung in den Medien totgeschwiegen oder verunglimpft wird. Es ist wichtig Zusammenhänge mit anderen Prozessen herzustellen (TTIP z.B) In Griechenland wurde im Juli diesen Jahres die Umweltschutzgesetzgebung dahingehend geändert, dass es privaten Investoren erlaubt, Wälder auch für Bergbauaktivitäten abzuholzen. Damit wurde die von ELDORADO / HELLAS GOLD betriebene Umweltzerstörung legitimiert.
Die Bevölkerung setzt dem trotz immenser Schwierigkeiten und persönlicher Konflikte tägliche kleinere und größere Aktionen entgegen. Es gibt ein Aktionskomitee , das auch von der griechischen Sektion der NaturFreunde unterstützt wird und über das die Webseite SOSHALKIDIKI.wordpress.com betrieben wird.
Die Region hat es geschafft, einen einzigen gemeinsamen Kandidaten zu den Regionalwahlen aufzustellen.
In der Zeit vom 22. bis 31 August wurden Aktionstage organisiert, die Ekobiketour 2014 führte durch betroffene Gebiete, es fanden und finden Solidaritätskonzerte und immer wieder kleinere und größere Demonstrationen statt.
Gleichfalls wird die Vernetzung mit anderen Widerstandsbewegungen gegen Goldabbau und anderen Raubbau an der Natur vorangetrieben. Es gibt Kontakte nach Bulgarien, Rumänien (Baia Mare), Kanada.
Die Argumentationslinien für den Goldabbau sind überall die gleichen. Arbeitsplätze, die Umweltzerstörung ist nicht so schlimm usw. usf.
Es werden konkret für diese Region 1500 Arbeitsplätze versprochen, im Gegenzug werden aber ca. 5000 Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und im Tourismus zerstört.
Die Widerstandsbewegung hat ein Gegenkonzept erarbeitet, um 1500 Arbeitsplätze sofort zu schaffen, durch Umstellung auf Biolandbau, Förderung erneuerbarer Energien. Das Konzept landete bei der Übergabe ungelesen im Papierkorb.
Wir haben gefragt, wie wir die Leute in dieser Region unterstützen können. Die Antwort war, Öffentlichkeit herstellen über Presseartikel, E-Mails, natürlich finanzielle Unterstützung und Führen der Kämpfe im eigenen Land.
Beeindruckend ist der Optimismus der Leute, die entschlossen sind, egal was passiert, nicht aufzugeben und für Ihre Heimat zu kämpfen. Der letzte Satz des Gespräches: We will win ! Wir werden gewinnen.
Für das bessere Verständnis der Vorgänge muss ich ein wenig auf die Geschichte in dieser Region eingehen.
Wegen des Goldes ist Halkidiki schon seit 2500 Jahren Ziel von Eroberung und Ausplünderung. Von der Antike bis heute wurden dort ca. 33 Millionen Tonnen Golderz abgebaut, überwiegend mit Methoden des klassischen Bergbaus und durch Goldwäsche.
In den 90er Jahren erfolgte der erste Versuch, mit Hilfe des Cynidlaugeverfahrens Gold abzubauen. Die Gesellschaft TVXGold errichtete die ersten Anlagen, scheiterte jedoch am Widerstand der ansässigen Bevölkerung und zog sich zurück.
Im Jahre 2003 kaufte die griechische Minengesellschaft TVX HELLAS S.A die Minen vom Stratonikosberg in Halkidiki für 11 Millionen Euro. Unter anderem beinhaltet das Bergbau und Abbaukonzessionen auf 317 Quadratkilometern einschließlich 310 Orten, 11000Quadratmeter landwirtschaftliche Nutzfläche und Industrieanlagen. Nebenbei, der Stratonikosberg gehört zum EU-Schutzprogramm Natura2000.
Der Verkauf lief ohne öffentliche Ausschreibung, was später von der EU kritisiert wurde.
Grundlage war ein „fast track“ genanntes Verfahren ohne öffentliche Ausschreibung entgegen der europäischen Gesetzgebung. TVX HELLAS S.A wurde dann von HELLAS GOLD S.A aufgekauft, diese Gesellschaft gehört heute zu 95% dem kanadischen Unternehmen ELDORADO Gold.
In den nächsten 25 Jahren sollen 380 Millionen Tonnen Golderz abgebaut werden ( von der Antike bis heute ca. 33 Millionen Tonnen). Der Goldgehalt liegt bei 1,5g je Tonne Gestein.
Die Rendite der vorhandenen Goldvorkommen wird auf 15 bis 20 Milliarden Euro geschätzt, der Gewinn geht komplett an ELDORADO und der griechische Staat verdient an den Sozialabgaben den Mehrwertsteuerabgaben und bleibt auf den Umweltschäden sitzen. Dies geht noch auf ein altes Gesetz der Militärdiktatur in Griechenland zurück.
Wie sieht das praktisch aus?
Geplant und schon begonnen wurde mit dem Aushub eines Kraters von 700m Durchmesser und 220m Tiefe. Dabei werden 460 Hektar alter Wald zerstört, die Fläche ist 7 mal größer als die von Ierissos, der größten Stadt in der Region mit 7000 Einwohnern.
Geplant ist die Total-Entwässerung des Kakavos-Berges, des größten Trinwasserreservoirs des Bezirkes Aristotles. Das Wasser wird für die Prozessführung der Erzaufbereitung benötigt, fehlt dann der Natur, der Bevölkerung und der Landwirtschaft.
Die größten Wildflüsse der Region (Karatzas-Karolakas, Lotsaniko) werden zu Giftmülldeponien, um nur einige Auswirkungen zu nennen.
Nun zu den Reaktionen der Bevölkerung.
2006 gab es eine Vollversammlung in Megali Panagia, auf der die Bevölkerung deutlich machte, dass sie keine weiteren Bergbauaktivitäten dulden will. Das schon erwähnte Aktionskommitee wurde gegründet. Es folgten Werbeveranstaltungen der damals noch griechischen Minengesellschaft, die regelmäßig boykottiert und schließlich gestoppt wurden. Es wurde im Wald von Skouries eine Schutzhütte errichtet, die regelmäßig besetzt war, um den Wald zu schützen.
2009 fanden Probebohrungen in dem Gebiet statt, nach kurzer Zeit wurden diese aufgrund des Widerstandes der Bevölkerung wieder eingestellt.
Im Jahre 2012 übernahm ELDORADO die Gesellschaft und zwang ihre Angestellten zu einem Angriff auf die Schutzhütte. Etwa 400 Angreifer zerstörten die Hütte, die zu diesem Zeitpunkt mit 40 Leuten besetzt war. Der Wald von Skouries wurde von ELDORADO in Besitz genommen. Es folgten Repressionen gegen die Orte, die sich zur Wehr setzen. Die Widerstandsbewegung wird als terroristische Organisation diffamiert, was ihre Verfolgung rechtfertigt. Gegenwärtig wird eine DNA-Datenbank angelegt, es kommt zu willkürlichen Verhaftungen.
Ein Höhepunkt war im März 2013 die Erstürmung das Ortes Ierissos durch die Polizei, wo es zu massivem Tränengaseinsatz kam, wobei auch vor einer Schule nicht halt gemacht wurde. Es gibt viele schwebende Untersuchungsverfahen wegen Terrorvorwürfen, Bisher kam es zu einem Prozess, der mit Freispruch endete.
Natürlich gibt es auch Leute, die dafür sind. Das Zauberwort heißt „Arbeitsplätze“. Umweltzerstörungen und Gesundheitsschädigungen werden in Kauf genommen. – kommt uns das irgendwie bekannt vor? Ist die Argumentation pro Braunkohle in der Lausitz nicht ähnlich?
Ich denke, dieses Thema berührt uns als NaturFreunde besonders, stehen wir doch für Umweltschutz und sanften Tourismus ein. In Brandenburg kämpfen wir gegen die Abbaggerung von Dörfern aufgrund von Braunkohleförderung. Wir wissen, wie Landschaftszerstörung aussieht und wie lange Renaturierung dauert.
Bei uns heißt der Gegner Vattenfall, in Halkidiki ELDORADO Gold, beides sind international agierende Konzerne.
Es wird Zeit, dass auch wir uns international vernetzen und uns gegenseitig unterstützen. Ein erster Schritt ist das Brechen des Schweigens.
Helfen wir! SOS Halkidiki
Jeanette Rassmann
Spenden Konto:
SOS Chalkidiki
BIC: PΙRBGRAA
IBAN: GR23 0172 2850 0052 8505 4575 923
Quellen
- http://soshalkidiki.wordpress.com/
- http://soshalkidiki.gr
- Info-Folder „The Destruction of Halkidiki has begun!“
- Mitschrift einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung vom 11.9.2014, auf der zwei Aktivisten des Widerstands berichteten
- Gesprächsnotizen des Gespräches mit Iannis und Avgia in Nea Roda
- Informationen der NaturFreunde Griechenland
- http://www.eldoradogold.com/uploads/operations-reports/Skouries_Technical_Report_%E2%80%93_July_2011.pdf
- Übersetzungen von Artikeln der SOS Halkidiki-Webseite